Kirchenjubiläum am 11. Oktober 1987

Kirchenjubiläum am 11. Oktober 1987

100 Jahre Evangelische Kirche Evingsen


Liebe Festgemeinde!

Wie schon angekündigt, hier zunächst der Brief, den Pastor Borchert der Evingser Gemeinde zum heutigen Jubiläum geschickt hat:

„Liebe evangelische Gemeinde Evingsen!

Zu Ihrem heutigen Festtag der 100jährigen Wiederkehr des Baujahres der schönen Evingser Kirche sagen meine Frau und ich Ihnen unsere herzlichsten Segenswünsche, ein gutes Gelingen und unsere tausend Grüße in herzlicher Verbundenheit an Sie alle und an jeden Einzelnen!
Leider, leider können wir nicht bei Ihnen sein, da ich nach meiner schweren Bauchoperation im Frühjahr nun auch noch am grauen Star operiert werden muss. Ich könnte Sie jetzt nicht erkennen und auch die Schönheit der erneuerten Kirche nicht würdigen. Ein Besuch im nächsten Jahr kann vielleicht alles nachholen!
An diesem Jubeltag werde ich – wie so oft in stillen Stunden – der Kirche gedenken, in der ich 18 Jahre lang jeden Sonn- und Feiertag Gottesdienst halten durfte! Auch an das Einweihungsfest, der schon unter meiner Zeit getätigten totalen inneren Erneuerung. Sicherlich werden sich viele daran erinnern. Wir hatten damals alles ausgeräumt; die gewölbte Decke, den gesamten Altarraum, das Rundfenster neu verglasen lassen. Altartisch und Kanzel, Taufbecken und das gesamt Gestühl, die Altarrückwand, die Orgelempore! Frau Koopmann stiftete ein herrlich geschnitzte Tür. Der Fußboden wurde mit neuen Platten ausgelegt und nach geraumer Zeit die alte Orgel durch eine neue ersetzt.
Wie gut, dass Sie nun mit Herrn Pfarrer Kroll daran gegangen sind, dieses Werk gründlich zu überholen! Die Firmen Döring, Malermeister Grob, Schreinerei Steuber und Lechtenbrink und der Architekt Gottschalk aus Letmathe sowie der Glasmaler Hellwig aus Haßlinghausen haben ihr Bestes geleistet.
Dieses schreibe ich nicht etwa zu meinem Ruhm, sondern in der Mitfreude über das, was Sie jetzt getan haben und der Rückschau auf 100 Jahre der Kirche und zum Dank für Gottes Führung und reichen Segen, der von dieser Kirche ausgegangen ist bis zum heutigen Tage! Die Verkündigung unseres Herrn Jesus Christus möge weiterhin immer lebendig bleiben.
Ich wünsche Ihnen mit meiner Frau zusammen Freude, Freude und einen großen Lobgesang zu Gottes Thron und Ehre!
gez.                                      Ihre Wilh. Borchert und Frau“.
2)
So weit der Brief Pastor Borcherts. In diesem Grußwort ist schon ein wichtiger Abschnitt der Geschichte angesprochen worden. Ich komme später darauf zurück.

Ja, loben und danken können wir heute in der Tat, nicht nur dafür, dass unsere Kirche einhundert Jahre alt geworden ist, sondern vor allem dafür, wie sie sich heute darstellt und dafür, dass immer Menschen und auch die Mittel dagewesen sind, Schäden rechtzeitig zu beheben.
Für eine Festwoche, wie wir sie jetzt hatten, genügt es ja nicht, ein Gebäude zu haben, das nun einhundert Jahre alt ist. So etwas hatten unsere Vorfahren vor etwa 100 Jahren ja schließlich auch, ein hundert Jahre altes Bethaus.
Aber welch ein Unterschied zu heute! Nicht nur, dass man sich des einfachen Kirchleins fast schämte und Fremde mitleidig darauf herabsahen, wie es damals hieß, nein, auch der bauliche Zustand war katastrophal. Und das hatte man inzwischen sogar schriftlich. Der damalige Bauinspektor Scheele hatte ein niederschmetterndes Urteil über die Bausubstanz der alten Kirche
abgegeben. Die hohe westliche Giebelwand und die beiden Langwände seien ausgebaucht und nicht mehr im Lot, die eingemauerten Fensterhölzer seien verrottet, das Schieferdach sehr schadhaft, das Sparrenwerk gelöst u. v. m.
Der Bau sei ohne historischen Wert und auch die ausgiebigste Reparatur, die zumindest in Erneuerung der Decken, des Daches und des Türmchens sowie Ausbesserung der Wände bestehen müsste, würde mit Sicherheit nicht alle Schäden beseitigen können, aber schon mindestens 3500 Mark kosten. Bauinspektor Scheele rät dringend zu einem Neubau, der Kosten von 20-25 000 Mark verursachen würde.
Das war für Presbyterium und Repräsentanten unter Vorsitz des damaligen Pfarrers Philipp eine schwierige Entscheidungsphase, war es doch in der Vergangenheit nur unter größten Schwierigkeiten gelungen, die Kosten für unumgängliche Reparaturen aufzubringen. Im Winter 1867 hatte der Sturm schwere Schäden angerichtet, die für 188 Taler beseitigt wurden. Aber 14 Jahre später stand man nun vor vor den im Gutachten geschilderten Zuständen.
Auch die alte Orgel verursachte ständig neue Reparaturkosten, im Jahr 1883 – der Neubau der Kirche war da schon beschlossen – versagte sie ganz ihren Dienst.
Obwohl die Gemeinde bei Erhalt des Gutachtens nur im Besitz eines Baukapitals von 3000 Mark war, beschlossen Presbyterium und Repräsentanten in der Sitzung vom 30.5.1881 einen Neubau in Angriff zu nehmen; 6000 Mark dazu sollten durch Erhöhung der Kirchensteuern aufgebracht werden.
Weitere Zuschüsse erhoffte man sich durch eine Kirchen- und Hauskollekte in Westfalen, evtl. auch im Rheinland sowie von Seiten des Oberkirchenrates der Provinzial-Synode.
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Die Kirchenkollekte wurde zunächst bewilligt und 1882 durchgeführt, sie erbrachte 1483 Mark.
Inzwischen hatte man sich von dem Architekten und Baumeister G. A. Fischer aus Barmen einen Plan für den Neubau entwerfen lassen, wonach die Kirche wieder einen Dachreiter bekommen sollte, was aber von der Behörde wegen des allzu großen Drucks des Turms auf das Kirchendach verworfen wurde. Daraufhin ersuchte man den Architekten Fischer um Ausarbeitung eines neuen Plans, der auch genehmigt wurde. Unterlagen für den ersten Entwurf sind wohl nicht erhalten geblieben. Die damals angefertigten Pläne, nach denen der Bau ausgeführt wurde, können Sie in unserer kleinen Ausstellung drüben sehen.
Doch was nützt der schönste Plan, wenn das Geld zur Ausführung fehlt? Der Plan, den Kaiser um ein Gnadengeschenk zu ersuchen, wurde, nachdem die Behörde wenig Aussicht auf Erfolg gab, wieder verworfen. Ein Hauskollekte aber wurde genehmigt und eine Anzahl Evingser Bürger sowie der seit 1883 in Evingsen amtierende Pfarrer Kupsch haben sich um dieses viel Selbstver-leugnung erfordernde Geschäft des Geldsammelns bemüht – mit gutem Erfolg. Der Reingewinn dieser Sammlung betrug 9300 Mark, so dass nun 22 000 Mark zur Verfügung standen. Nachdem die Gemeinde anlässlich einer Visitation auch vom Superintendenten Pickert aus Iserlohn dazu ermutigt worden war, wollte man mit dem Bau beginnen. Architekt Fischer wurde die Oberleitung des Baus übertragen und ein Bauausschuss gewählt. Einige Verzögerungen gab es, nachdem Stimmen laut wurden, die neue Kirche nicht am bisherigen Platz, sondern auf einem anderen Grundstück neu zu bauen. Grundstücksverhandlungen wurden geführt, zerschlugen sich aber später wieder. In der Sitzung vom 23.8.1885 wurde dann endgültig beschlossen, den Neubau an der gleichen Stelle durchzuführen, wo das alte Kirchlein gestanden hatte. Der Platz mitten im Dorf wurde dann ganz bewusst gewählt, einmal, weil dieser Platz seit langem in zweifacher Hinsicht geweiht sei – als Kirchplatz und als Gottesacker – und auch, weil dokumentiert werden sollte, dass die Kirche den Mittelpunkt all dessen bilden solle, was das Menschenherz bewegt.
Recht modern mutet es an, wie die Bauausführung begonnen wurde. In den damals hier erscheinenden Zeitungen (darunter auch schon das Altenaer Kreisblatt) wurde ein Submissionstermin bekannt gegeben und Offerten für Maurer- und Steinhauer-, für Zimmer-, Dachdecker- und Klempner- sowie für Schreiner- und Schmiedearbeiten bis zum 22. Februar 1886 mittags erbeten. Baumeister Boos aus Iserlohn gab gleich für vier Gewerke Angebote ab. Mit einem Nachlass von 13,5 % auf die in der Anzeige vorgegebenen Preise wurde man handelseinig und hatte so fast einen Generalunternehmer, der zwei Drittel der gesamten Bauleistung erbrachte. Einige Evingser Firmen waren auch am Bau beteiligt, so führte die Firma von der Crone Schmiedearbeiten, die Firma Kuhlmann  Anstreicherarbeiten und die Firma Johann Schröter
4)
Schreinerarbeiten aus. Für die Transporte wurden ebenfalls Evingser Firmen herangezogen.
All dieses Rechnungen sind komplett erhalten und bieten manches Kuriosum. Wofür z. B. 20 m Nessel gebraucht wurden, ist mir nicht ganz klar und dass man den Rasen nicht einsäte, sondern gleich fertig bezog, hätte ich nicht vermutet.
Die neuen Glocken übernahm man von der Kirchengemeinde Elsey für 1736,63 Mark, die alte Glocke wurde für 159 Mark verkauft.
Am 14. März 1886 versammelte man sich zum letzten Mal zu einem Gottesdienst in der alten Kirche. Man feierte Konfirmation und 117 Personen gingen zum Abendmahl. Sicherlich wird einigen doch etwas schwer ums Herz gewesen sein, war man doch einmal stolz darauf gewesen, überhaupt eine eigene Kirche zu bekommen, wenn sie auch klein gewesen und aus Geldmangel erst nach Jahrzehnten einigermaßen fertig geworden war. Unter diesen Gesichtspunkten ist die schlechte Bausubstanz einhundert Jahre nach Errichtung dieses Bethauses durchaus erklärlich.
Bereits am 6. Mai 1886 war der Abbruch der alten Kirche beendet und die Grundsteinlegung für die neue Kirche konnte feierlich erfolgen.
Der Neubau ging zügig voran. Das Mauerwerk und der Turm, zu dem die Steine aus dem Steinbruch auf der Giebel geholt wurden, konnte im Sommer des gleichen Jahres fertiggestellt und am 30. Oktober 1886 Kreuz und Kugel auf dem Turm befestigt werden.
Schon am 6. November 1886 erklangen die neuen Glocken vom neu erbauten Kirchturm. Leider begann in diesem Jahr der Winter schon sehr früh, so dass das Turmdach nicht mehr fertiggestellt werden konnte. Dies geschah dann im nächsten Frühjahr und im Sommer konnten auch die Innenarbeiten durchgeführt werden. Eine neue Orgel der Firma Sauer, Frankfurt/Oder – sie hatte 2 Manuale und 10 Register – wurde angeschafft und die Inneneinrichtung bestellt. Kanzel, Altar, Chorbank und das Fenster über dem Altar waren Stiftungen eines Evingser Bürgers. Altardecken und  Behänge für Kanzel und Altar wurden von ehemaligen Evingserinnen gestickt. Eine neue Bibel stiftete später die deutsche Kaiserin Auguste Viktoria.
Nach nur eineinhalbjähriger Bauzeit konnte am 3. Oktober 1887 die Kirche feierlich geweiht werden in Gegenwart des Regierungspräsidenten von Rosen, des Generalsuperintendenten Nebe aus Münster, der die Weihe vornahm, des Präses der Provinzialsynode,  Superintendent Polscher aus Lünen und des Superintendenten Pickert aus Iserlohn.
Kritische Stimmen zu diesem für ein kleines Dorf wie Evingsen mit etwa 900 evangelischen Einwohnern großes Bauvorhaben scheint es aber auch gegeben zu haben. Nicht von ungefähr hat sich wohl der Herr Superintendent Pickert für seine Ansprache den Vers ausgesucht „Da waren etliche, die wurden unwillig
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und sprachen: „Was soll die Vergeudung?“  Er führte u. a.  aus:
„Was soll dieser Unrat? So fragen die Jünger im Evangelium, als jenes Weib in Bethanien herzu trat, um mit köstlichem Öl den Herrn zu salben. Und ebenso fragen auch in unseren Tagen viele, wenn man es unternimmt, Gotteshäuser zu bauen, zum Lobe des Allerhöchsten. Indessen, wenn man in Evingsen ganz so auch nicht gefragt hat, so doch vielleicht in der Art, dass man gesagt hat; Was soll dieser Unrat? War die alte Kirche nicht noch lange gut genug? Wozu diese bedeutenden Kosten? Demgegenüber betonte er, wie es eine heilige Pflicht und eine köstliche Freude für jeden Christen sei, in würdigem Gotteshause den Herrn zu preisen. Er schloss mit der dringenden Aufforderung an die Gemeinde: Kommt nur auch fleißig in das neu erbaute Kirchlein, damit nicht etwa von droben eine Stimme erschalle: Was soll dieser Unrat?“
Der Bau war glücklich beendet. Aber nun hatte man eine ganz erhebliche Kostenerweiterung zu verkraften. Der Keller unter der Kirche, der innere und der äußere Verputz, die Planierung des Geländes und die Inneneinrichtung waren im ursprünglichen Kostenvoranschlag nicht enthalten gewesen. Die vorgesetzte Behörde muss aber auch diese Arbeiten nachträglich genehmigt haben, denn schon 1888 wurden die gesamten Kirchenbaurechnungen ohne wesentliche Beanstandungen vom Synodalen Bauausschuss abgenommen. Anstelle von geplanten 33 000 Mark waren Kosten von 45 000 Mark entstanden, denen nur 27 000 Mark Baukapital entgegenstanden.
Es blieb eine starke Schuldenlast von 18 000 Mark, die die Gemeinde aus eigener Kraft nicht tilgen konnte. Nach mehreren kleineren Zuwendungen seitens der Synoden und des königlichen Konsistoriums, die zum Teil aber auch schon wieder für Reparaturen – man hatte Hausschwamm festgestellt – ausgegeben werden mussten, brachte erst ein Geschenk des Kaisers in Höhe von 10000 Mark Erleichterung. Erst von da an war es möglich, die jährlichen Zinsen für die verbleibende Schuld aufzubringen.
Mit diesem solide ausgeführten Bauwerk erhielt die Gemeinde Evingsen ein Gotteshaus, das die Jahrzehnte überdauern konnte.

Waren es während und nach dem ersten Weltkrieg die Beschlagnahme von Prospektpfeifen der Orgel und die Beschlagnahme der Glocken, deren Wiederbeschaffung der Gemeinde Mühe und Kosten verursachte, zeigten sich Ende der zwanziger Jahre Schäden im Inneren, die eine Renovierung nötig machten. Ein neuer Innenputz wurde angebracht, das Fenster im Chor geschlossen, Teile der neugotischen Inneneinrichtung entfernt und schließlich die gesamte Rückwand des Chorraumes mit einem Christusbild ausgemalt. Die Arbeiten hatten sich über mehr als drei Jahre hingezogen. Am 1. Oktober 1933 war die Kirche fertiggestellt und die Wiederinbetriebnahme  wurde feierlich begangen.
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Zweiter Weltkrieg und auch die ersten Nachkriegsjahre waren für unsere Kirche glimpflich überstanden. Da zeigten sich Mitte der fünfziger Jahre erstmals ernsthafte Schäden. 1957 wurden Dach und Mauerwerk von außen instand-gesetzt. 1958 begann die Innenrenovierung, von der Pastor Borchert in seinem Grußwort sprach. Vor allem waren es technische Gründe, die diese Renovierung notwendig machten. Das vorhandene Brettertonnengewölbe mit nichttragenden unterzogenen Spitzbögen aus Schwemmsteinen musste entfernt werden, da diese Bögen einzustürzen drohten.
Das Dach wurde neu verankert und eine Flachdecke eingezogen. Die Arbeiten waren so grundlegend, dass man sogar davon sprach, Evingsen habe mit Ausnahme der Umfassungsmauern und des schönen Kirchturms praktisch eine völlig neue Kirche bekommen.
Aus finanziellen Gründen zogen sich diese Renovierungsarbeiten über einige Jahre hin. Bei dem von Pastor Borchert angesprochenen Einweihungsfest am Sonntag Judika 1958 fehlte noch die geplante neue Bestuhlung; auch die Neugestaltung der Eingangshalle mit Anlage eines Ehrenbuches für die Gefallenen beider Weltkriege war noch nicht durchgeführt. Diese Arbeiten zogen sich bis in das Jahr 1959 hin. Der Einbau einer neuen Orgel mit zwei Manualen und 13 Registern im Jahre 1968 rundete diese Bauphase ab.
1977 wurde es notwendig, den Innenanstrich zu erneuern und die entstandenen Risse zu beseitigen. Gleichzeitig wurden neue Beleuchtungskörper installiert. Im übrigen aber behielt unsere Kirche das ihr bei der Umgestaltung 1958 gegebene Aussehen.
Witterungseinflüsse zwangen im Jahre 1985 zu umfangreichen Renovierungsarbeiten an Turm, Fassade und Schieferdach, die in finanzieller Hinsicht alle Reserven aufbrauchten. Dabei war auch schon abzusehen, dass nach relativ kurzer Zeit – die Gründe sind noch nicht genau festgestellt - wieder eine Innenrenovierung notwendig sein würde. Doch in welcher Form? Der ursprüngliche neugotische Stil ließ sich nicht wieder herstellen, mehr Farbe als bisher sollte aber auf  jeden Fall hinein.
Über die Neugestaltung des Kircheninneren, die in Zusammenarbeit zwischen Landeskirchlichem Bauamt, Landeskonservator und dem Architekturbüro Ossenberg-Engels nach Entwürfen von Frau Altenrichter-Dicke in diesem Sommer durchgeführt wurde, haben Sie sich eben beim Gottesdienst selbst überzeugen können. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei Herrn Malermeister Blum für die exakte Ausführung dieser nicht alltäglichen Malerarbeiten.
Soweit zur baulichen Geschichte unserer Kirche.



7)
Manches gäbe es zu sagen über die vielfältige Verkündigung in dieser Kirche im Verlauf von einhundert Jahren.
Mehr als fünftausend mal hat sich die Gemeinde allein zum sonntäglichen Gottesdienst darin versammeln dürfen. (Selbst 1945 bei Kriegsende ist, soviel ich weiß, nur an einem Sonntag der Gottesdienst ausgefallen)
Unzählige Male wurde seit Advent 1904 Kindergottesdienst gehalten, wurden Jugend- und Schulgottesdienste durchgeführt. Für Taufen, Trauungen und Konfirmationen war unsere Kirche ein würdiger Rahmen, ebenso wie für die seit etwa 20 Jahren von dort aus durchgeführten Beerdigungen.
Viele Male erklang Musik zum Lobe Gottes, so wie wir es gestern Abend wieder hören konnten.
Dafür haben wir zu danken!
Möge unsere Kirche auch in Zukunft eine Stätte der Verkündigung bleiben, die niemand vergebens aufsucht, der nach Trost und Frieden sich sehnt!
Möge der Herr das von unseren Vorfahren begonnene Werk auch weiterhin segnen zu seines Namens Ehr'!


Helga Mosch

Abschrift Iserlohner Kreisanzeiger vom 03.10.1887

Evingsen, 03. Oktober (Einweihung)

"Unser kleines Bergdorf hatte heute einen so herrlichen, von Anfang bis zum Ende so völlig beeindruckenden Festtag, wie der Ort ihn nie begangen hat und schwerlich so nie wieder begehen wird. Er galt der Einweihung unseres kleinen aber lieben Gotteshauses, welches ein schönes Zeugnis abgelegt von dem Opfern unserer Gemeinde und der Liebe der Glaubensgenossen, wie von dem Geschmacke und dem Geschicke seiner Erbauer, des Architekten G.A. Fischer und des Bauunternehmers Boos, Iserlohn. Zahlreich waren die Gäste nicht nur aus dem in allen Theilen reichgeschmückten Dorfe und deren Nachbargemeinden, sondern auch aus weiter Ferne herbeigeeilt trotz der ungünstigen Witterung, und die Behörden so zahlreich wie nie bei einer ähnlichen Feier vertreten. War die Synode durch den Superintendenten Pickert, den Synodal-Assessor Pfarrer Groscurth und weitere Pfarrer vertreten, so das Amt durch den Amtmann von der Becke, der Kreis durch den Regierungsrath Malmroe, die Provinzialsynode durch Präses Polscher, die Provinzialkirche durch den Generalsuperintendenten Dr. Nebe und die Staatsregierung durch den Regierungspräsidenten v. Rosen. Der Festzug, voran die Schuljugend und die Vertreter der Gemeinde, welche die heiligen Gefäße trugen, bewegte sich um 11 Uhr vom Pfarrhause bis zur Kirchthüre, wo der Schlüssel unter passenden Worten aus der Hand des Baumeisters in die den General-Superintendenten, des Superintendenten und endlich des Ortspfarrers Kupsch überging, welcher der harrenden Festgemeine die Thüre erschloß. Während die Geistlichen und die Gäste ihre Plätze fast vor dem Altare erhielten, füllte sich das Gotteshaus bis auf das letzte Plätzchen. Viele mussten stehen und viele vor der Kirchenthür bleiben mit den übrigen Gästen. Der Weiherede des General-Superintendenten, welcher das Wort aus dem Corinterbriefe: "Ich will in ihnen wohnen unter ihnen wandeln" zu Grunde lag, folgten Ansprachen des Provinzialpräses und des Superintendenten, worauf, nach Abhaltung der Liturgie durch den Pfarrer Fromme, Iserlohn, der Ortspfarrer die Festpredigt hielt über das bekannte Psalmwort: "Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Herr Zebaoth". Den Schluß des Gottesdienstes, denn Feierlichkeit durch die Gesänge eines Männer- und Kindergesangvereins noch erhöht wurde, bildete der Segenswunsch des Generalsuperintendenten und die unter Glockengeläute erfolgende Absingung des Liedes "Nun danket alle Gott". Gegen 2 Uhr vereinigte ein zu diesem Zwecke fertig gestellter Saal etwa 230 Gäste zu einem mit vielen ernsten und launigen Ansprachen gewürzten Mahle, welches durch seine treffliche Bereitung bei vollen Schüsseln und billigstem Preise dem Wirth manchen Lobspruch eintrug. Am Nachmittage fehlten auch einige Sonnenstrahlen nicht und die Stimmung der Einheimischen und Fremden blieb eine heitere, festlich gehobenen bis zum Schlusse. Wer einmal unsern Ort berührt, versäume nicht, das Kirchlein aufzusuchen; es birgt einen durch die Freigebigkeit des Herrn Rasche, den Töchtern des früheren Pfarrers Hüser dargereichten inneren Anmut, an Altar und Kanzel, wie nur wenige Dorfkirchen ihn aufzubieten haben."